Ein Artikel von: Ben Bräuning, K1
Artikel-Art: Reportage


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Ging man in den letzten 20 Jahren als Fußballfan an der Börse auf die Suche nach seinem Lieblingsverein, blieb man relativ erfolglos. Einzig die Anhängerschaft von Borussia Dortmund wurde fündig. Ihre Borussia ist schon seit dem Jahre 2000 an der Börse notiert. Dass ein neuer Klub irgendwann hinzukommen würde, war für viele Experten, bei der zunehmenden Kommerzialisierung des Fußballs, sicher. Dabei dachten die meisten eher an einen, wie Borussia Dortmund, ähnlich bekannten Verein aus der Bundesliga. Am 15. Juli 2019 war dann ein zweiter Fußballverein aus Deutschland, an der Börse München zu finden. Dabei handelt es sich aber nicht um den großen, in der gleichen Stadt angesiedelten, FC Bayern, sondern um den kleinen Drittligisten aus dem nahen Unterhaching. Der Verein spielt in der 3. Liga und war auch schon öfters in unteren Ligen, also im Amateurfußball, zu finden. Die Spielvereinigung Unterhaching ist also nun neben den großen Unternehmen des Landes an der Börse notiert und hat damit einen einzigartigen Schritt im Profifußball vollzogen. Der Verein bewegt sich sportlich sowie finanziell auf relativ niedrigem Niveau, daher stellt sich die Frage, warum Unterhaching einen im deutschen Fußball solch seltenen Vorgang durchführt.

Warum geht Unterhaching an die Börse?

Kein deutscher Fußballverein hat sich in den letzten Jahren mit einem Börsengang befasst. Ein Grund dafür sind bestimmte Regulierungsanforderungen, die ein Unternehmen an der Börse erfüllen muss. Fußballvereine müssen im Fall eines Börsengangs die gleichen Anforderungen wie Unternehmen erfüllen, was ein Verwaltungsmehraufwand für die Vereine bedeutet. Besonders kleine Vereine sind davon betroffen, also auch die Spielvereinigung. Trotzdem haben sich die Entscheidungsträger des Vereins für einen Börsengang entschieden. Am 15. Juli 2019 wurden bis zu 954.365 Aktien des Vereins an die Börse gebracht. Der festgelegte Ausgabekurs betrug 8,10 Euro. Ziel von Unterhaching war es, die vielen Aktien möglichst breit zu streuen, das heißt, die Aktien an möglichst viele Anleger zu verkaufen. Dadurch verhindert der Verein, sich von einer Privatperson oder von einem Unternehmen abhängig zu machen.

Unterhaching hat durch den Börsengang neues Kapital gewonnen. Dieses kann direkt investiert werden, da der Verein, laut eigenen Angaben, schuldenfrei ist. Auf die Frage, in was der Verein investieren möchte, antwortete der Präsident des Vereins, Manfred Schwabl: „Das Geld werden wir in die Qualität unseres Kaders stecken, das Stadion zweitligatauglich machen und in unser Nachwuchsleistungszentrum investieren.“ Der Präsident weiß: „Geld allein bringt nichts. Man muss das Geld richtig einsetzen, um Erfolg zu haben.“ Außerdem will der Verein ein Problem umgehen. In der 3. Liga, welche zwischen Profi- und Amateurfußball liegt, ist die Anzahl der Insolvenzen von Vereinen sehr hoch. Viele Vereine gehen in dieser Liga pleite, da die Einnahmen in der 3. Liga durch Fernsehgelder oder Sponsoring, oftmals nicht die hohen Ausgaben, wie die hohen Gehälter der Spieler oder die Kosten des Spielbetriebs, ausgleichen können. Um das Problem der vielen Insolvenzen weiß auch Manfred Schwabl: „Wer in der dritten Liga um den Aufstieg mitspielen will, macht operativ einfach Verlust.“ Daher bleibt auch für die Spielvereinigung auf lange Zeit ein Risiko. Wenn der sportliche Erfolg ausbleibt, werden das Geld und die besten Spieler auch nicht mehr lange in Unterhaching bleiben. Das eingenommene Geld bleibt nicht auf ewig, daher braucht der Verein den Aufstieg. Schafft die Spielvereinigung diesen nicht, wird sie neue Optionen benötigen, um an Geld zu kommen. Ein Börsengang wäre dann keine Möglichkeit mehr, da dieser Weg nur einmal möglich ist.

Was soll den Anleger an der Aktie reizen?

Die Abhängigkeit von dem sportlichen Erfolg besteht auch für den Kurs der Aktie. Der langfristige sportliche Erfolg hängt mit dem Verlauf der Aktie zusammen. Fußballaktien sind daher als hoch spekulativ einzustufen. In der Vergangenheit waren lediglich risikobereite Anleger oder Fans der Vereine bereit, in Aktien von Fußballvereinen zu investieren. Trotzdem ist zu berücksichtigen, dass Vergleiche zwischen einzelnen Vereinen aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen immer schwierig sind. Die Aktien und Aktienkurse der einzelnen Vereine verlaufen oftmals sehr unterschiedlich. Daher kann man Fußballvereine an der Börse nicht als Ganzes betrachten. Man sollte immer die einzelnen Fälle betrachten. Es stellt sich die Frage, warum man ausgerechnet in die Aktie von der Spielvereinigung Unterhaching investieren sollte und was diese von anderen Fußballaktien unterscheidet. Ein großer Unterschied zu anderen Fußballaktien, wie denen von Borussia Dortmund, war, dass die Unterhaching Aktie in den ersten Wochen enorm gestiegen ist. Im Hoch lag die Aktie der Spvgg Unterhaching bei 14,50 Euro, damit lag das Papier mit 79 Prozent im Vergleich zum Ausgabekurs von 8,10 Euro im Plus. Jedoch hat sich die Aktie nun zwischen 8 und 10 Euro eingependelt. Die Aktie hat also keine großen Höhen und Tiefen zu verzeichnen. Entscheidend wird sein, ob die Spielvereinigung Unterhaching im Mai es geschafft haben wird, in die 2. Bundesliga aufzusteigen. Steigt Unterhaching auf, kommt der Verein an die viel größeren Geldtöpfe in der 2. Bundesliga. Umsatz und Gewinn würden ansteigen, damit würde auch der Aktienkurs steigen. Die Aktionäre profitieren, wenn der Verein aufsteigt. Sportlicher Erfolg und der Kursverlauf hängen in Unterhaching direkt zusammen. Sind andere „Projekte“, wie in Dortmund, längerfristig angelegt, entscheidet sich bei Unterhaching innerhalb weniger Jahre, ob die Aktie Erfolg hat. Entweder der Verein steigt mit dem Geld aus dem Börsengang auf und die Aktie steigt oder der Verein steigt nicht auf, das Geld aus dem Börsengang wird weniger und die Aktie stagniert weiter oder sinkt. Ein großer Vorteil eines Investments in die Aktie ist der sichere Gewinn für den Anleger für ein bestimmtes Szenario, nämlich für das Szenario, dass Unterhaching aufsteigt. Jedoch ist sportlicher Erfolg und damit auch ein Aufstieg der Spielvereinigung nicht planbar, was ein Risiko für den Anleger bringt. Eine solche Konstellation, wo eine breite Masse an Anlegern vom finanziellen und damit auch sportlichen Erfolg oder Misserfolg eines Vereins teilhaben könne, gibt es in den unteren Ligen des deutschen Profifußballs derzeit nicht. Daher ist das Projekt Unterhaching im deutschen Profifußball so einzigartig.


Was ist eine Reportage?
Ähnlich wie auch der Bericht dienen Reportagen der Information des Lesers. Allerdings sind Reportagen insgesamt noch genauer – es sind beispielsweise ausführliche Hintergrundberichte enthalten oder der Sachverhalt wird anhand von konkreten Beispielen oder Personen veranschaulicht. Im Gegensatz zur Nachricht oder dem Bericht, bei welchen eine gewisse Distanz zum Sachverhalt gewahrt wird, kann eine Reportage auch emotionalisieren und einen Sachverhalt aus einer bestimmten Perspektive betrachten.

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