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“Zwiespältig? Ja und nein!” Unsere K2ler aus dem Basisfach Deutsch haben sich zu Beginn des Jahres einer heiklen Thematik angenommen und spannende Reden verfasst.

Ein Artikel von: Simon Hofmann und Darius Kammawie, K2

68.363  Das ist nicht einfach nur eine Zahl

Sehr geehrte MitschülerInnen, 

dies ist nun unser 3. Tag zurück in der Schule. Für uns ist das sicher eine privilegierte Situation, denn bis auf die Allerkleinsten sitzen außer uns fast noch alle Schüler in Deutschland daheim vor ihren Bildschirmen. Diese Kinder und ihre Familien ächzen natürlich unter der Last, die das Homeschooling mit sich bringt und wünschen sich wieder zurück in die Schule. Die für uns alle sicherlich extrem einschneidenden Maßnahmen nagen an uns allen. Endlich mal wieder zum Sport, ins Theater, schick essen gehen oder einfach mal wieder zusammen sein mit Freunden und Familien. Und JA: auch ich sehne mich danach, nach dem Abitur mit meinen Freunden feiern zu können. Der Ruf nach Lockerungen wird derzeit lauter und lauter. Aber wir dürfen nicht vergessen, wozu diese Maßnahmen dienen und wer der Gegner ist. Der Gegner ist nicht Bill Gates und auch nicht Angela Merkel oder die Bundesregierung: Der Gegner ist ein fieses Virus, dass alleine in Deutschland 68.363 Opfer gefordert hat.

Der breite Ruf nach Lockerungen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der positive Trend der letzten Wochen gebrochen ist. Die Zahlen sinken nun nicht mehr, nein sie haben sich stabilisiert und beginnen allmählich zu steigen. Gerade die britische Mutante bereitet Virologen und Experten aktuell Sorgen. In diesem Kontext ist es wichtig, auch auf andere Länder zu schauen. Denken wir an die Bilder aus Portugal: Unzählige Menschen bringen ihre erstickenden Angehörigen ans Krankenhaus, wo sie mit nicht aufgenommen werden können, da das Krankenhaus bereits komplett überfüllt ist. Für einige dieser Menschen ist der Weg nicht ins, sondern nur an das Krankenhaus ihr letzter Weg, ehe sie auf leider Gottes teils erbärmliche Art und Weise aus dem Leben scheiden, weil die Regierung die Gefahr zunächst unterschätzt hatte und die Krankenhäuser dort nun maßlos überfordert sind. Wollen wir das unseren Liebsten dasselbe passiert? Wollen wir, dass ein geliebter Mensch elendig vor einem Krankenhaus verstirbt, weil man ihm nicht mehr helfen kann? Weil die Intensivkapazitäten erschöpft sind?

Es wäre utopisch zu denken, dass die Ausbreitung der Mutante bei uns langsamer ablaufen würde als in Portugal. Schon gar nicht, wenn wir nun Lockerungen durchsetzen würden. Ich möchte in diesem Kontext Berlins regierende Bürgermeister Michael Müller zitieren: “Wie viele Tote sind uns ein Shoppingerlebnis wert, wie viele ein Restaurantbesuch, wie viele Tote ein Kinobesuch?” 

68.363  Das ist nicht einfach nur eine Zahl, die von Tag zu Tag steigt, hinter dieser Zahl stehen Menschen. Menschen, die aufgrund des Virus’ zu früh aus dem Leben scheiden mussten. Hinter dieser Zahl stehen Familien und Freunde, die einen geliebten Menschen verloren haben. Hinter dieser Zahl stehen Kinder, die nun ohne Großeltern aufwachsen müssen. Hinter dieser Zahl stehen aber nicht nur alte Menschen. Dahinter stehen auch Eltern, die Ihre Tochter oder ihren Sohn verloren haben.

Lockerungen derzeit wären extrem fahrlässig und kurzsichtig: Der Trend ging in die richtige Richtung. Würde es uns gelingen, die Zahlen weiter zu senken, wie es zum Beispiel im Sommer der Fall war und wären die Gesundheitsämter dann wieder in der Lage, die Kontakte nachzuverfolgen, so könnten wir möglicherweise weitgehende Lockerungen durchsetzen, ohne viele Leben aufs Spiel zu setzen. Niemandem ist geholfen, wenn wir für 2 Wochen wieder alles aufmachen nur um dann wieder einen Monate langen harten Lockdown ertragen zu müssen. Deshalb plädiere ich dafür, dass auch wir wieder von zuhause, genau wie alle anderen, unterrichtet werden sollten. Auch wenn es uns schwerfällt zu akzeptieren und zu realisieren, so ist unser Abitur irrelevant im Vergleich zu dem, was Tag ein Tag aus auf den Intensivstationen passiert. Es ist wichtig anzuerkennen, dass der Schutz und Erhalt von Menschenleben wesentlich wichtiger ist als Wirtschaftswachstum und zunehmender Reichtum.

Vielen Dank

 

„Eine vollständige Öffnung der Schulen in der derzeitigen Pandemiesituation ist längst überfällig“

Meine Damen und Herren,

ich freue mich über Ihr zahlreiches Erscheinen und über das Interesse, das Sie dem Thema „Schulöffnung in Pandemiesituation“ zeigen. Die Statistik besagt, dass sich in Deutschland seit Beginn der Pandemie mehr als zwei Millionen Menschen an Corona infiziert haben. Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren: Sind es wirklich die Schulen, die für eine derart hohe Zahl verantwortlich sind? An Schulen wurden durchaus Infektionen nachgewiesen, die sogar zu Schulschließungen geführt haben, aber dies betrifft nur einen recht kleinen Anteil.

Nun befinden wir uns bereits im zweiten großen Lockdown und wieder fällt diesem die Bildung der Schüler zu Opfer. Angesichts der Tatsache, dass die Infektionszahlen drastisch gesunken sind und Schulen lange keine Infektionstreiber sind, ist eine vollständige Öffnung der Schulen in der derzeitigen Pandemiesituation längst überfällig.

Meine Damen und Herren,

man sagt „Die Gesundheit geht vor“, doch so komisch es auch klingen mag: Eine Corona-Erkrankung gefährdet die Kinder in der aktuellen Situation weniger als die psychische Belastung. Eine Studie von Medizinern aus Hamburg belegt, dass etwa jedes dritte Kind psychische Auffälligkeiten zeigt. Das war vor einem Jahr noch nicht der Fall. Wie kann also unter diesen Umständen eine weitere Schließung der Schulen befürwortet werden? Mangelnde Bildung, mangelnder Sozialkontakt, psychische Belastungen sind nur ein kleiner Teil der vielen Probleme, mit denen jedes Kind zu kämpfen hat. Eine andere Form von Benachteiligung liegt in der unterschiedlichen Ausstattung mit angemessenen Arbeitsplätzen für das Homeschooling. Ein Teil der Haushalte verfügt nicht über entsprechend funktionale Endgeräte und über leistungsfähige Internetanschlüsse. Eine effektive Nutzung der derzeit häufig digital übermittelten Lernangebote ist daher kaum realisierbar. Dies kann bestehende ungleiche Bildungschancen beim Lernen weiter verstärken. Durch die Schulschließungen fallen auch im sozialen Bereich für Kinder und Jugendliche wichtige Erfahrungsmöglichkeiten weg. Soziale Netzwerke, die für Kinder und Jugendliche vor allem durch die Schule entstehen, können nicht mehr gepflegt werden.

Aber auch Sie, meine Damen und Herren, bleiben als Eltern nicht verschont. Viele von Ihnen stoßen bereits jetzt an ihre Grenzen. Viele müssen den Kindern beim Homeschooling helfen und zugleich selbst im Homeoffice arbeiten. Viele Eltern gehen davon aus, sich selbst stark engagieren und in den Heimunterricht einbringen zu müssen. Diese Formen der Einmischung wirken sich aber eher ungünstig auf die Entwicklung der Lernenden aus. Auch da, wo Kinder und Jugendliche sich selbst überlassen werden, wird es zu Problemen kommen. Berichte und Erfahrungen von Eltern verdeutlichen, dass das Homeschooling bei Eltern schon jetzt vielfach zu einem Gefühl der Überforderung und der Unsicherheit beiträgt. Mitunter ist es auch Auslöser für familiäre Konflikte.

Wie wird sich eine Verschärfung der Maßnahmen und eine weitere Schließung der Schulen auf diese Probleme auswirken? Können Familien und Kinder eine weitere Schließung überhaupt verkraften?

Natürlich dürfen wir die Ansteckungsgefahr an Schulen nicht komplett außer Acht lassen, aber ich versichere Ihnen, meine Damen und Herren, dass Sie mit baldigen Schnell- und Selbsttests an Schulen weniger besorgst sein müssen.

Daher ist die richtige Reaktion auf die aktuelle Lage: Eine rasche Öffnung aller Schulen. Dies ist angesichts fallender Infektionszahlen längst überfällig. Die Bildung der Schüler hat Priorität!


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